“Schwarze Forschungen - Geheime Versuche unter Ausschluß der Öffentlichkeit“
Helmut und Marion Lammer, 1999, München: Herbig-Verlag
eine Rezension von Illobrand von Ludwiger

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Dr. Helmut Lammer und seine Frau Marion haben mit dem Buch Schwarze Forschungen1 ein weiteres Buch geschrieben, in dem die Ausführungen aus dem letzten Buch Verdeckte Operationen fortgesetzt werden. Das Hauptthema stellt die Vermutung dar, daß sich ein Großteil des UFO-Entführungsphänomens aus einem Konglomerat von psychologisch hervorgerufenen Erlebnissen, „wie die von Dr. Alvin Lawson forcierte Geburts-Trauma-Hypothese,“ Verwechslungen durch ehemalige „Mind-Control-Opfer und bewußt mit halluzinogenen Drogen und Hypnose herbeigeführten Pseudo-UFO-Entführungen zusammensetzt. Um es vorweg zu sagen: Diese Vermutung zu beweisen gelingt dem Ehepaar Lammer nicht. Das Buch ist ein weiterer Beitrag zur spekulativen Wissenschaft. Alles kann sein oder auch nicht!
Das Ehepaar Lammer zitiert eine Reihe von Entführungsopfern (durchwegs mit dem Prädikat „angeblich“ versehen) von denen der Leser nicht weiß, wie gesund sie sind. Leider sind beide Autoren keine Psychologen oder Psychiater. Daher hat man als Leser das ungute Gefühl, gelegentlich auch Geschichten über Schizophrene aufgetischt zu bekommen, die ein Naturwissenschaftler und eine Juristin nicht richtig beurteilen konnten.
Beispiel: Jeder Student der Psychiatrie im 1. Semester weiß, daß die Furcht, von Röntgenstrahlen bestrahlt zu werden, auf Schizophrenie hindeutet. Ehepaar Lammer nimmt aber solche Empfindungen bei ihren Probanden als reale Tatsache, indem sie Harlan Girard zitieren, daß immer mehr Personen „nach dem Besuch einer UFO- oder Parapsychologie-Konferenz oder einer Esoterik-Veranstaltung Symptome entwickeln, die auf Bestrahlung mit solchen exotischen Waffen hinweisen“ (gemeint sind Mikrowellen- und Infraschall-Strahlung).

Um nicht auf Geschichten von Kranken hereinzufallen, ist es bei der Untersuchung von Abduzierten oder UFO-Entführten in der deutschen MUFON-CES-Gruppe eine Voraussetzung, vor der Kenntnisnahme der Berichte von angeblich Entführten, psychologische und psychiatrische Tests durchzuführen (siehe MUFON-CES-Bericht 11).2 Die Autoren haben es aber leider versäumt, sich über die Erfahrungen der Psychiater und Hypnoseärzte der MUFON-CES-Gruppe mit deren Hypnoseregressionen angeblich Entführter zu informieren (Prof. Bick, Dr. Widhalm, Dr. Winter, Dr. Schulte) und waren allem Anschein nach niemals bei solchen Hypnoseregressionen selber dabei.

Kern der Argumentationen ist die Vermutung, daß sich Entführungserlebnisse durch Manipulation (Drogen, Hypnose) künstlich hervorrufen lassen. Experten wissen seit rd. 20 Jahren, daß dies bei echten Abduktions-Erlebnissen nicht der Fall ist. Lammers machen jedoch die Experimente des Sprachforschers Lawson zum Beweismittel ihrer Argumentationen. Dr. Lawson hatte 1977 einige Probanden in Hypnose versetzt und sie Begegnungen mit UFOs berichten lassen. Die Schilderungen waren denen echter Entführter sehr ähnlich (nicht aber das emotionale Verhalten während der Hypnose!). Daher meinten Lawson und seine Mitarbeiter, daß den „echten“ ebenfalls nur innere Erlebnisse zugrunde lägen, die sie auf ein Geburtstrauma zurückführten.3

Ehepaar Lammer behauptet, daß die Lawson’schen Experimente „in diesem Buch erstmals aufgezeigt werden“(S. 155). Tatsächlich aber wurden diese Experimente schon vielfach publiziert, und mehrere kompetente Kritiker (Dr. Willy Smith 1981, Dr. Scott Rogo 1985 und Dr. Thomas Bullard 1989) haben die Unhaltbarkeit der Lawson’schen Hypothese nachgewiesen. 4,5,6  Ich selbst habe übrigens darüber bereits 1989 (MUFON-CES-Bericht 9, S.304 ff.) und 1992 (Stand der UFO-Forschung, S. 228 ff.) geschrieben.7,8

Ohne hier auf die völlig überzeugenden Argumente der Kritiker im einzelnen einzugehen, möchte ich nur darauf hinweisen, daß Lawsons Hypothese heute nicht mehr ernst genommen wird. Die Autoren haben - wie in ihrer „Danksagung“ zu erfahren ist - erst jetzt die Unterlagen von Dr. Lawson zur Geburtstraumahypothese studiert.
Die Autoren schenken der Geburtstraumahypothese - also der Spekulation, wonach in der Hypnose Erinnerungen an die Geburt zutage treten können - so viel Glauben, daß sie auch das Erlebnis eines Brasilianers, der von einem UFO gejagt und schließlich mit einem an einem Seil hängenden Greifarm gefaßt (aber nicht entführt) und einige Zeit in der Luft gehalten wurde,9 auf die Erinnerung an seine Zangengeburt zurückführen. (S. 163) (Das wäre das gleiche, als würden Skeptiker den Bericht, von jemandem der von den Türflügeln eines Lifts eingeklemmt wurde, als die Erinnerung an eine Zangengeburt erklären).

Während Ehepaar Lammer die kritischen Arbeiten zur Lawson-Hypothese - aus verständlichen Gründen - nicht zitieren, schreiben sie: „Da Dr. Lawsons Ergebnisse von den renommierten UFO-Entführungsforschern (Alien Discussions Proceeding at MIT 1994, Jacobs 1992, Mack 1994) aus verständlichen Gründen ignoriert oder als oberflächlich abgetan wurden...,“ usw.
Lawsons Spekulationen sind keineswegs „ignoriert“ oder „oberflächlich abgetan“ worden. Alle von Lammers erwähnten Quellen haben sich damit beschäftigt: in Alien Discussions Proceeding auf den Seiten 19, 191, 195 und 577; David Jacobs Seite 292; John Mack Seite 432.10,11,12
„Oberflächlich“ sind nicht die „renommierten UFO-Entführungsforscher“, sondern die Autoren, mit der pauschalen Erklärung für die Entführungserlebnisse von Menschen aller Altersklassen. Die Therapeuten und Abduktionsforscher Hopkins, Dr. Schulte, Dr. Laibow, Dr. Mack und der Filmemacher Christian Bauer (der 20 Stunden Dokumentarfilme über Abduzierte und deren Therapeuten aus den USA mitgebracht hat)13 berichteten mir übereinstimmend, daß die Erlebnis-Schilderungen von Kindern, beispielsweise 4-jährigen, sie besonders beeindruckte und verwirrte. Sind Lammers der Meinung, daß die US-Geheimdienste auch Kinder entführen? Oder haben sie für Kinder-Abduktionen wieder eine andere Deutung? Etwa die Lawson’sche?

Natürlich sind alle Schlußfolgerungen darüber, daß die bösen amerikanischen Militärs den Menschen UFO-Pseudoerlebnisse einreden, um andere Schweinereien, die sie mit ihren Opfern treiben, zu überdecken, hinfällig, wenn Lawsons Hypothese unrichtig ist! „Aus Platzmangel“ - so die Autoren - haben sie nur „die grundlegenden Ergebnisse von Dr. Lawson und Dr. Calls Studie“ vorgestellt. Eine seriöse Arbeit muß auch den Kritiken einer Theorie Platz einräumen, ohne sie unbedingt billigen zu müssen. Aber der Leser erfährt davon nichts!

Dem Leser wird nicht klar, was die Autoren von UFO-Entführungen halten. Sie spekulieren, daß „die angeblichen Außerirdischen gar nicht so fremdartig sind, wie man uns einreden möchte.“(S. 26) „Irgend jemand“ will „der Öffentlichkeit weismachen“, „daß wir Kontakt mit außerirdischen Wesen haben.“ (S.125) „Sind einige oder sogar alle unerklärlichen UFO-Entführungesfälle mentale hypno-programmierte Deckerinnerungen von militärischen Mind-Control-Spezialisten?“ (S.127) „Wir möchten aber daran erinnern daß die Birth-Memory-Hypothesis nicht alle UFO-Entführungserlebnisse oder UFO-Nahbegegnungen mit fremdartigen Wesen erklären kann“ (S. 166) „Wenn man allerdings UFO-bezogene PSYWAR-Aktivitäten in Betracht zieht, könnten solche zur Zeit unerklärlichen UFO-Entführungsfälle oder Nahbegegnungen bewußter oder inszenierter Schwindel sein.“ (S. 166) „Wir sind deshalb der Ansicht, daß dieses Ergebnis nahelegt, daß MILAB-Entführte (vom Militär Entführte, Anm. d. Rez.) und möglicherweise Personen mit reinen UFO-Entführungserlebnissen künstlich hervorgerufene MPD (multiple Persönlichkeiten, Anm. d. Rez.) aufweisen.“ (S. 185) Die Autoren glauben nicht mehr daran, daß UFO-Entführungen mit dem herkömmlichen UFO-Phänomen etwas zu tun haben. (S. 243)

Diese Annahme sollte besser begründet werden als durch die vielen Spekulationen, und sie sollten von Psychologen oder Psychiatern bestätigt werden. Das ist der Mangel des Buches. Die Autoren legen Dokumente vor über alle möglichen ungewöhnlichen Experimente an Menschen, die angeblich vom US-Militär durchgeführt wurden, um zu erfahren, was alles machbar ist. Es ist aber nicht anzunehmen, daß alle diese Mind-Control- Praktiken jemals Anwendung finden werden. Warum sollten Hausfrauen - und nicht etwa Sträflinge und Soldaten - vom Militär als Versuchsobjekte ausgewählt worden sein? Durch künstliche an Probanden vorgenommene multiple Persönlichkeitsspaltung soll das US-Militär - nach Meinung der Autoren - willfährige Opfer für spezielle Spionageaufgaben erzeugt haben. Die UFO-Entführung ist dann nur eine Cover-Story. Aber Lammers zeigen keinen einzigen Fall, in dem etwa eine der betreffenden Hausfrauen tatsächlich einen Geheimdienstauftrag ausgeführt hätte.

Später entscheiden sich die Autoren dafür, daß diese Personen „mit angeblichen Entführungserlebnissen möglicherweise für geheime Klon-Experimente herangezogen werden.“ (S. 208). Nach Lammers klonte das Militär bereits Menschen und implantierte Chips in menschliche Gehirne noch ehe es zivilen Wissenschaftlern möglich war, Tiere zu klonen und Nerven an Silikon-Chips anwachsen zu lassen.

Die Autoren behaupten, daß vermeintliche UFO-Entführte alle multiple Persönlichkeits-Spaltungen zeigen. Davon ist in der Literatur nichts zu finden, und Ehepaar Lammer beweist das auch nicht. Ich habe in diesem Buch 70 Sätze spekulativen Charakters gezählt, derart: „Deshalb scheint es...zu geben,“ „sollen die Sowjets.....entwickelt haben.“ (S.33), „Die Lawrence-Livermore-Wissenschaftler spekulieren über ...Gehirnbomben,“ (S.37)
„Viktor Schauberger soll....haben.“ (S. 44)  „Es ist durchaus möglich, daß...“ (S. 49) ( 2mal S.57) (S. 78), (S.91) „könnte es da nicht sein, daß...“ (S.79). „Es ist anzunehmen, daß...“ (S.83). „Es ist sehr wahrscheinlich, daß...“ (84), „es liegt nah, daß...“ (S. 88), „scheinen...auch noch heute eine große Bedeutung...zu spielen.“ (S.112), „könnten einige prominente UFO-Forscher ein doppeltes Spiel spielen und mit den hinter diesen Fällen stehenden Personen zusammenzuarbeiten.“ (S.125) „...wie von uns aufgrund vieler Indizien vermutet,...“ (S. 137)
„...darf man spekulieren, ob...“ (S.181). „In Wirklichkeit könnten...worden sein.“ (S. 181), „Scheinen...zu sein...“ (S. 187), „...gilt es als ziemlich sicher, daß...“ (S. 202). „...kann man nicht ausschließen, daß...“ (S.242). Und abschließend noch ein Beispiel für Spekulation auf Seite 232: „Die Ideologie, die Motivationen und die bereits bekanntgewordenen Verbrechen legen es nahe, daß zumindest Teile der angeblichen UFO-Implantierungsgeschichten auf das Konto von Geheimdienstwissenschaftlern gehen könnten.“
Es wimmelt von Konjunktiven und Spekulationen, die in einem seriösen Sachbuch auf ein Minimum beschränkt bleiben sollten. Auch sachliche Fehler sind gemacht worden. Beispielsweise hat Robert Pavlita keine „psychotronischen Generatoren“ entwickelt. (S. 33) (Bei MBB/DASA hatten wir in unserem privaten Arbeitskreis „Grenzgebiete der Physik“ vor vielen Jahren Pavlitas Dinger untersucht. die niemals funktioniert haben. Sie waren nichts weiter als nette Skulpturen, denen nur der Konstrukteur eine „paranormale Kraft“ zusprach). Antigravitation wird von Relativitätstheoretikern nicht „im Zusammenhang mit negativer Masse und Antimaterie“ vermutet! (S. 39) Der Brite John Searl hatte nur geblufft und keine Scheiben fliegen lassen (S. 46), übrigens ebensowenig wie Viktor Schauberger (S. 44).

Fazit: Ein verwirrendes Buch, das Ängste vor amerikanischen Geheimdienstleuten schüren will. Das Problem der UFO-Entführungsberichte wird  - nicht überzeugend - durch phantastische Spekulationen und Berichte zweifelhafter Personen (alle tragen natürlich Pseudonyme) zu lösen versucht. Einige UFO-Entführungsforscher, welche Lammers angreifen, haben für das Verständnis dieses Phänomens allerdings mehr beigetragen.

           Illobrand von Ludwiger
       Feldkirchen, den 22. März 1999

P.S. Wegen dieser Buchkritik verließ Dr. Lammer MUFON-CES und beschimpfte den Rezensenten in der Presse, gegenüber Fernehanstalten, in Skeptiker-Zeitschriften und im Internet als wissenschaftlich unseriös und behauptete, dass MUFON-CES ihre Untersuchungen mit „Spiritisten und Medien“ durchführen würde. Lammer arbeitet seither mit seinen ehemaligen Gegnern, den ideologischen Skeptikern, zusammen.
 

Literatur
1  Lammer, Helmut und Marion: Schwarze Forschungen - Geheime Versuche unter Ausschluß der Öffentlichkeit, München: Herbig, 1999
2  Ludwiger, I. von: Abduction Cases in Germany, in MUFON-CES Bericht 11, S.89-119, 1993
3  Lawson, A.: A Testable Hypothesis for Fallacious Abductions: Birth Trauma Imagery in CE-III Narratives, in Mimi Hynek (Hrsg.): The Spectrum of UFO Research: The Proceedings of the Second Conference, 25-27. Sept. 1981 in ‘Chicago, S.71-98, Hynek Center for UFO Studies, Chicago, 1988
4  Smith, W.: A Second Look, Magonia, 6. Dez.81, S.3-5, 1981
5  Rogo, S.: Imaginary Facts: The Case of the Imaginary Abductions, IUFOR, Vol. 10, Nr.2, S.3-5, 1985
6  Bullard, T.E.: Hypnosis and UFO Abductions: A Troubled Relationship, J. of UFO Studies, 1 (neue Serie), S.3-40, 1989
7  Brand, I (von Ludwiger): Hypnoseregression in der UFO-Forschung, in MUFON-CES Bericht 10, S. 301-342, 1989
8  Ludwiger, I. von: Der Stand der UFO-Forschung, Frankfurt: Zweitausendeins, S.228, 1992
9  Pratt, B.: UFO-Danger Zone - Terror and Death in Brazil - Where Next? Madison, Wisconsin: Horus House, S.58, 1996
10 Alien Discussion: Von Außerirdischen entführt - Forschungsberichte und Diskussionsbeiträge zur Konferenz am MIT über das Abduktionsphänomen, A. und D. Pritchard, J. Mack, P. Kesey, C. Yapp (Hrsg.) 1994; Deutsch in Frankfurt: Zweitausendeins, 1996
11  Jacobs, D.: Secret Life - Firsthand Accounts of UFO Abductions, New York: Simon & Schuster, S.292, 1992; Deutsche Ausgabe: Geheimes Leben, Rottenburg: Kopp, 1994
12  Mack, J.: Abduction - Human Encounters with Aliens, New York: Ballentine Books, S.432, 1994
13  Bauer, Chr.: Manuskript zur ZDF-Sendung: Von UFOs entführt (unveröffentlicht), 1993



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