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Dr. Helmut Lammer und seine Frau Marion
haben mit dem Buch Schwarze Forschungen1 ein weiteres Buch geschrieben,
in dem die Ausführungen aus dem letzten Buch Verdeckte Operationen
fortgesetzt werden. Das Hauptthema stellt die Vermutung dar, daß
sich ein Großteil des UFO-Entführungsphänomens aus einem
Konglomerat von psychologisch hervorgerufenen Erlebnissen, „wie die von
Dr. Alvin Lawson forcierte Geburts-Trauma-Hypothese,“ Verwechslungen durch
ehemalige „Mind-Control-Opfer und bewußt mit halluzinogenen Drogen
und Hypnose herbeigeführten Pseudo-UFO-Entführungen zusammensetzt.
Um es vorweg zu sagen: Diese Vermutung zu beweisen gelingt dem Ehepaar
Lammer nicht. Das Buch ist ein weiterer Beitrag zur spekulativen Wissenschaft.
Alles kann sein oder auch nicht!
Das Ehepaar Lammer zitiert eine Reihe
von Entführungsopfern (durchwegs mit dem Prädikat „angeblich“
versehen) von denen der Leser nicht weiß, wie gesund sie sind. Leider
sind beide Autoren keine Psychologen oder Psychiater. Daher hat man als
Leser das ungute Gefühl, gelegentlich auch Geschichten über Schizophrene
aufgetischt zu bekommen, die ein Naturwissenschaftler und eine Juristin
nicht richtig beurteilen konnten.
Beispiel: Jeder Student der Psychiatrie
im 1. Semester weiß, daß die Furcht, von Röntgenstrahlen
bestrahlt zu werden, auf Schizophrenie hindeutet. Ehepaar Lammer nimmt
aber solche Empfindungen bei ihren Probanden als reale Tatsache, indem
sie Harlan Girard zitieren, daß immer mehr Personen „nach dem Besuch
einer UFO- oder Parapsychologie-Konferenz oder einer Esoterik-Veranstaltung
Symptome entwickeln, die auf Bestrahlung mit solchen exotischen Waffen
hinweisen“ (gemeint sind Mikrowellen- und Infraschall-Strahlung).
Um nicht auf Geschichten von Kranken hereinzufallen, ist es bei der Untersuchung von Abduzierten oder UFO-Entführten in der deutschen MUFON-CES-Gruppe eine Voraussetzung, vor der Kenntnisnahme der Berichte von angeblich Entführten, psychologische und psychiatrische Tests durchzuführen (siehe MUFON-CES-Bericht 11).2 Die Autoren haben es aber leider versäumt, sich über die Erfahrungen der Psychiater und Hypnoseärzte der MUFON-CES-Gruppe mit deren Hypnoseregressionen angeblich Entführter zu informieren (Prof. Bick, Dr. Widhalm, Dr. Winter, Dr. Schulte) und waren allem Anschein nach niemals bei solchen Hypnoseregressionen selber dabei.
Kern der Argumentationen ist die Vermutung, daß sich Entführungserlebnisse durch Manipulation (Drogen, Hypnose) künstlich hervorrufen lassen. Experten wissen seit rd. 20 Jahren, daß dies bei echten Abduktions-Erlebnissen nicht der Fall ist. Lammers machen jedoch die Experimente des Sprachforschers Lawson zum Beweismittel ihrer Argumentationen. Dr. Lawson hatte 1977 einige Probanden in Hypnose versetzt und sie Begegnungen mit UFOs berichten lassen. Die Schilderungen waren denen echter Entführter sehr ähnlich (nicht aber das emotionale Verhalten während der Hypnose!). Daher meinten Lawson und seine Mitarbeiter, daß den „echten“ ebenfalls nur innere Erlebnisse zugrunde lägen, die sie auf ein Geburtstrauma zurückführten.3
Ehepaar Lammer behauptet, daß die Lawson’schen Experimente „in diesem Buch erstmals aufgezeigt werden“(S. 155). Tatsächlich aber wurden diese Experimente schon vielfach publiziert, und mehrere kompetente Kritiker (Dr. Willy Smith 1981, Dr. Scott Rogo 1985 und Dr. Thomas Bullard 1989) haben die Unhaltbarkeit der Lawson’schen Hypothese nachgewiesen. 4,5,6 Ich selbst habe übrigens darüber bereits 1989 (MUFON-CES-Bericht 9, S.304 ff.) und 1992 (Stand der UFO-Forschung, S. 228 ff.) geschrieben.7,8
Ohne hier auf die völlig überzeugenden
Argumente der Kritiker im einzelnen einzugehen, möchte ich nur darauf
hinweisen, daß Lawsons Hypothese heute nicht mehr ernst genommen
wird. Die Autoren haben - wie in ihrer „Danksagung“ zu erfahren ist - erst
jetzt die Unterlagen von Dr. Lawson zur Geburtstraumahypothese studiert.
Die Autoren schenken der Geburtstraumahypothese
- also der Spekulation, wonach in der Hypnose Erinnerungen an die Geburt
zutage treten können - so viel Glauben, daß sie auch das Erlebnis
eines Brasilianers, der von einem UFO gejagt und schließlich mit
einem an einem Seil hängenden Greifarm gefaßt (aber nicht entführt)
und einige Zeit in der Luft gehalten wurde,9 auf die Erinnerung
an seine Zangengeburt zurückführen. (S. 163) (Das wäre das
gleiche, als würden Skeptiker den Bericht, von jemandem der von den
Türflügeln eines Lifts eingeklemmt wurde, als die Erinnerung
an eine Zangengeburt erklären).
Während Ehepaar Lammer die kritischen
Arbeiten zur Lawson-Hypothese - aus verständlichen Gründen -
nicht zitieren, schreiben sie: „Da Dr. Lawsons Ergebnisse von den renommierten
UFO-Entführungsforschern (Alien Discussions Proceeding at MIT 1994,
Jacobs 1992, Mack 1994) aus verständlichen Gründen ignoriert
oder als oberflächlich abgetan wurden...,“ usw.
Lawsons Spekulationen sind keineswegs
„ignoriert“ oder „oberflächlich abgetan“ worden. Alle von Lammers
erwähnten Quellen haben sich damit beschäftigt: in Alien Discussions
Proceeding auf den Seiten 19, 191, 195 und 577; David Jacobs Seite 292;
John Mack Seite 432.10,11,12
„Oberflächlich“ sind nicht die „renommierten
UFO-Entführungsforscher“, sondern die Autoren, mit der pauschalen
Erklärung für die Entführungserlebnisse von Menschen aller
Altersklassen. Die Therapeuten und Abduktionsforscher Hopkins, Dr. Schulte,
Dr. Laibow, Dr. Mack und der Filmemacher Christian Bauer (der 20 Stunden
Dokumentarfilme über Abduzierte und deren Therapeuten aus den USA
mitgebracht hat)13 berichteten mir übereinstimmend, daß
die Erlebnis-Schilderungen von Kindern, beispielsweise 4-jährigen,
sie besonders beeindruckte und verwirrte. Sind Lammers der Meinung, daß
die US-Geheimdienste auch Kinder entführen? Oder haben sie für
Kinder-Abduktionen wieder eine andere Deutung? Etwa die Lawson’sche?
Natürlich sind alle Schlußfolgerungen darüber, daß die bösen amerikanischen Militärs den Menschen UFO-Pseudoerlebnisse einreden, um andere Schweinereien, die sie mit ihren Opfern treiben, zu überdecken, hinfällig, wenn Lawsons Hypothese unrichtig ist! „Aus Platzmangel“ - so die Autoren - haben sie nur „die grundlegenden Ergebnisse von Dr. Lawson und Dr. Calls Studie“ vorgestellt. Eine seriöse Arbeit muß auch den Kritiken einer Theorie Platz einräumen, ohne sie unbedingt billigen zu müssen. Aber der Leser erfährt davon nichts!
Dem Leser wird nicht klar, was die Autoren von UFO-Entführungen halten. Sie spekulieren, daß „die angeblichen Außerirdischen gar nicht so fremdartig sind, wie man uns einreden möchte.“(S. 26) „Irgend jemand“ will „der Öffentlichkeit weismachen“, „daß wir Kontakt mit außerirdischen Wesen haben.“ (S.125) „Sind einige oder sogar alle unerklärlichen UFO-Entführungesfälle mentale hypno-programmierte Deckerinnerungen von militärischen Mind-Control-Spezialisten?“ (S.127) „Wir möchten aber daran erinnern daß die Birth-Memory-Hypothesis nicht alle UFO-Entführungserlebnisse oder UFO-Nahbegegnungen mit fremdartigen Wesen erklären kann“ (S. 166) „Wenn man allerdings UFO-bezogene PSYWAR-Aktivitäten in Betracht zieht, könnten solche zur Zeit unerklärlichen UFO-Entführungsfälle oder Nahbegegnungen bewußter oder inszenierter Schwindel sein.“ (S. 166) „Wir sind deshalb der Ansicht, daß dieses Ergebnis nahelegt, daß MILAB-Entführte (vom Militär Entführte, Anm. d. Rez.) und möglicherweise Personen mit reinen UFO-Entführungserlebnissen künstlich hervorgerufene MPD (multiple Persönlichkeiten, Anm. d. Rez.) aufweisen.“ (S. 185) Die Autoren glauben nicht mehr daran, daß UFO-Entführungen mit dem herkömmlichen UFO-Phänomen etwas zu tun haben. (S. 243)
Diese Annahme sollte besser begründet werden als durch die vielen Spekulationen, und sie sollten von Psychologen oder Psychiatern bestätigt werden. Das ist der Mangel des Buches. Die Autoren legen Dokumente vor über alle möglichen ungewöhnlichen Experimente an Menschen, die angeblich vom US-Militär durchgeführt wurden, um zu erfahren, was alles machbar ist. Es ist aber nicht anzunehmen, daß alle diese Mind-Control- Praktiken jemals Anwendung finden werden. Warum sollten Hausfrauen - und nicht etwa Sträflinge und Soldaten - vom Militär als Versuchsobjekte ausgewählt worden sein? Durch künstliche an Probanden vorgenommene multiple Persönlichkeitsspaltung soll das US-Militär - nach Meinung der Autoren - willfährige Opfer für spezielle Spionageaufgaben erzeugt haben. Die UFO-Entführung ist dann nur eine Cover-Story. Aber Lammers zeigen keinen einzigen Fall, in dem etwa eine der betreffenden Hausfrauen tatsächlich einen Geheimdienstauftrag ausgeführt hätte.
Später entscheiden sich die Autoren dafür, daß diese Personen „mit angeblichen Entführungserlebnissen möglicherweise für geheime Klon-Experimente herangezogen werden.“ (S. 208). Nach Lammers klonte das Militär bereits Menschen und implantierte Chips in menschliche Gehirne noch ehe es zivilen Wissenschaftlern möglich war, Tiere zu klonen und Nerven an Silikon-Chips anwachsen zu lassen.
Die Autoren behaupten, daß vermeintliche
UFO-Entführte alle multiple Persönlichkeits-Spaltungen zeigen.
Davon ist in der Literatur nichts zu finden, und Ehepaar Lammer beweist
das auch nicht. Ich habe in diesem Buch 70 Sätze spekulativen Charakters
gezählt, derart: „Deshalb scheint es...zu geben,“ „sollen die Sowjets.....entwickelt
haben.“ (S.33), „Die Lawrence-Livermore-Wissenschaftler spekulieren über
...Gehirnbomben,“ (S.37)
„Viktor Schauberger soll....haben.“ (S.
44) „Es ist durchaus möglich, daß...“ (S. 49) ( 2mal S.57)
(S. 78), (S.91) „könnte es da nicht sein, daß...“ (S.79). „Es
ist anzunehmen, daß...“ (S.83). „Es ist sehr wahrscheinlich, daß...“
(84), „es liegt nah, daß...“ (S. 88), „scheinen...auch noch heute
eine große Bedeutung...zu spielen.“ (S.112), „könnten einige
prominente UFO-Forscher ein doppeltes Spiel spielen und mit den hinter
diesen Fällen stehenden Personen zusammenzuarbeiten.“ (S.125) „...wie
von uns aufgrund vieler Indizien vermutet,...“ (S. 137)
„...darf man spekulieren, ob...“ (S.181).
„In Wirklichkeit könnten...worden sein.“ (S. 181), „Scheinen...zu
sein...“ (S. 187), „...gilt es als ziemlich sicher, daß...“ (S. 202).
„...kann man nicht ausschließen, daß...“ (S.242). Und abschließend
noch ein Beispiel für Spekulation auf Seite 232: „Die Ideologie, die
Motivationen und die bereits bekanntgewordenen Verbrechen legen es nahe,
daß zumindest Teile der angeblichen UFO-Implantierungsgeschichten
auf das Konto von Geheimdienstwissenschaftlern gehen könnten.“
Es wimmelt von Konjunktiven und Spekulationen,
die in einem seriösen Sachbuch auf ein Minimum beschränkt bleiben
sollten. Auch sachliche Fehler sind gemacht worden. Beispielsweise hat
Robert Pavlita keine „psychotronischen Generatoren“ entwickelt. (S. 33)
(Bei MBB/DASA hatten wir in unserem privaten Arbeitskreis „Grenzgebiete
der Physik“ vor vielen Jahren Pavlitas Dinger untersucht. die niemals funktioniert
haben. Sie waren nichts weiter als nette Skulpturen, denen nur der Konstrukteur
eine „paranormale Kraft“ zusprach). Antigravitation wird von Relativitätstheoretikern
nicht „im Zusammenhang mit negativer Masse und Antimaterie“ vermutet! (S.
39) Der Brite John Searl hatte nur geblufft und keine Scheiben fliegen
lassen (S. 46), übrigens ebensowenig wie Viktor Schauberger (S. 44).
Fazit: Ein verwirrendes Buch, das Ängste vor amerikanischen Geheimdienstleuten schüren will. Das Problem der UFO-Entführungsberichte wird - nicht überzeugend - durch phantastische Spekulationen und Berichte zweifelhafter Personen (alle tragen natürlich Pseudonyme) zu lösen versucht. Einige UFO-Entführungsforscher, welche Lammers angreifen, haben für das Verständnis dieses Phänomens allerdings mehr beigetragen.
Illobrand von Ludwiger
Feldkirchen,
den 22. März 1999
P.S. Wegen dieser Buchkritik verließ
Dr. Lammer MUFON-CES und beschimpfte den Rezensenten in der Presse, gegenüber
Fernehanstalten, in Skeptiker-Zeitschriften und im Internet als wissenschaftlich
unseriös und behauptete, dass MUFON-CES ihre Untersuchungen mit „Spiritisten
und Medien“ durchführen würde. Lammer arbeitet seither mit seinen
ehemaligen Gegnern, den ideologischen Skeptikern, zusammen.
Literatur
1 Lammer, Helmut und
Marion: Schwarze Forschungen - Geheime Versuche unter Ausschluß der
Öffentlichkeit, München: Herbig, 1999
2 Ludwiger, I. von: Abduction
Cases in Germany, in MUFON-CES Bericht 11, S.89-119, 1993
3 Lawson, A.: A Testable
Hypothesis for Fallacious Abductions: Birth Trauma Imagery in CE-III Narratives,
in Mimi Hynek (Hrsg.): The Spectrum of UFO Research: The Proceedings of
the Second Conference, 25-27. Sept. 1981 in ‘Chicago, S.71-98, Hynek Center
for UFO Studies, Chicago, 1988
4 Smith, W.: A Second
Look, Magonia, 6. Dez.81, S.3-5, 1981
5 Rogo, S.: Imaginary
Facts: The Case of the Imaginary Abductions, IUFOR, Vol. 10, Nr.2, S.3-5,
1985
6 Bullard, T.E.: Hypnosis
and UFO Abductions: A Troubled Relationship, J. of UFO Studies, 1 (neue
Serie), S.3-40, 1989
7 Brand, I (von Ludwiger):
Hypnoseregression in der UFO-Forschung, in MUFON-CES Bericht 10, S. 301-342,
1989
8 Ludwiger, I. von: Der
Stand der UFO-Forschung, Frankfurt: Zweitausendeins, S.228, 1992
9 Pratt, B.: UFO-Danger
Zone - Terror and Death in Brazil - Where Next? Madison, Wisconsin: Horus
House, S.58, 1996
10 Alien Discussion: Von Außerirdischen
entführt - Forschungsberichte und Diskussionsbeiträge zur Konferenz
am MIT über das Abduktionsphänomen, A. und D. Pritchard, J. Mack,
P. Kesey, C. Yapp (Hrsg.) 1994; Deutsch in Frankfurt: Zweitausendeins,
1996
11 Jacobs, D.: Secret
Life - Firsthand Accounts of UFO Abductions, New York: Simon & Schuster,
S.292, 1992; Deutsche Ausgabe: Geheimes Leben, Rottenburg: Kopp, 1994
12 Mack, J.: Abduction
- Human Encounters with Aliens, New York: Ballentine Books, S.432, 1994
13 Bauer, Chr.: Manuskript
zur ZDF-Sendung: Von UFOs entführt (unveröffentlicht), 1993